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Am 29. Juli war Erdüberlastungstag. Das ist der Tag im Jahr an welchem die Menschheit die jährlichen nachwachsenden Ressourcen aufgebraucht hat. Dementsprechend würden wir 1,7 Erden benötigen um unseren Verbrauch zu stillen. Leider ist dieses nicht möglich, denn eine zweite Erde wurde noch nicht gefunden. Trotzdem gibt es Wege und Möglichkeiten unseren Planeten zu entlasten. Von Sabine Slaughter

Im Bereich von Verpackungen und Etiketten sind immer noch sehr viele Kunststoffe und/oder kunststoffhaltige Produkte im Umlauf. Diese können jedoch meistens durch nachhaltige ersetzt werden. Neuartige Verpackungen und Etiketten werden aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen, wobei neben den herkömmlichen Papier- und Kartonageproduktionsverfahren aus Holz auch weitere Rohstoffe zur Gewinnung verwendet werden. Die Entwicklung schreitet immer weiter fort und neben Graspapier, welches vor ein paar Jahren seinen Einstieg in den Markt feierte, gibt es inzwischen viele verschiedene Materialien welche der Verpackung oder dem Etikett Nachhaltigkeit geben. Einen kleinen Überblick über die derzeitigen Entwicklungen gibt Packaging Austria.
Holzbasierender Kunststoff
Woodly, ein finnisches Unternehmen, bietet holzbasierendes Plastik an. Ein Widerspruch? Nein, denn dieser neuartige Kunststoff basiert auf Weichholz-Zellulose und ahmt die Eigenschaften herkömmlicher Kunststoffe nach. Der Hauptrohstoff von Woodly stammt aus Wäldern, die nach internationalen ökologischen und ethischen Standards bewirtschaftet werden. Aufgrund des biobasierten Inhalts ist Woodly ein kohlenstoffneutrales Material, mit dem die Abhängigkeit von fossilen Materialien verringert werden kann. Woodly ist so konzipiert, dass es nach seiner Verwendung im Kunststoffrecyclingstrom wiederverwertet werden kann. Bei Bedarf kann es auch verbrannt werden.
Zur Herstellung von Kunststoff aus Holz sind mehrere Bausteine erforderlich. Das Grundgerüst von Woodly ist Zellulosepolymer, das aus Holz gewonnen wird. Die Zellulose wird dann mit verschiedenen Bausteinen modifiziert, damit sie sich wie Kunststoff verhält. Diese Bausteine sind von der Natur inspiriert und viele von ihnen sind direkt in der Natur als Teile von Pflanzen zu finden. Das Unternehmen verwendet auch Komponenten aus fossilen Rohstoffen, da einige der biobasierten Gegenstücke noch nicht in industriellem Maßstab verfügbar sind.
Derzeit sind die Woodly-Sorten der ersten Generation vom Tüv Österreich als vierzig bis sechzig Prozent biobasiert zertifiziert. Dies ist der erste Schritt auf unserem Weg zu einem einhundertprozentigen biobasierten Anteil.
Woodly bietet sowohl Folien für Blasfolien- als auch Gießfolien-Extrusionsanlagen an. Die Filme sind klar und transparent und lassen sich leicht thermoformen. Für Spritzguß-Produkte hat das Unternehmen die Woodly 200 Serie im Programm. Diese lässt sich leicht einfärben, besticht durch Transparenz und Klarheit und kann unter anderem für Aufbewahrungsbehälter und Tassen, auch im Lebensmittelbereich, verwendet werden.
Hanf – fester als Holz-Zellstoff
Gmund bietet diese Papiere und Kartonagen für den Verpackungsbereich an. Da Hanf wesentlich schneller als Bäume wächst (ein Baum benötigt sieben Jahre bis zur Ernte; Hanf kann drei Mal im Jahr geerntet werden). Da Hanf deutlich fester als Zellstoffe aus Holz sind – bedingt durch die längeren Fasern – eignet sich dieser insbesondere für Verpackungen. Natürlich ist Hanf auch recyclingfähig und ermöglichst sogar zusätzliche Recyclingzyklen. Zudem sind Hanffasern von Natur aus sehr hell und benötigen dementsprechend weniger Bleichmittel. Natürlich ist auch die Haptik dieser Papiere und Kartonagen nicht zu verachten.
Gras, Stroh, Baumwolle, Cannabis
Dieses sind die Hauptbestandteile von Gmund Bio Cycle. Die Grünfärbung des Papiers entsteht durch die Zugabe von natürlichem Chlorophyll. Es ist nicht nur recyclingfähig sondern kann auch kompostiert werden. Die fünf Prozent unverarbeitetes Stroh sorgen für glänzende Einschlüsse und besondere Haptik. Mit einhundert Prozent Recycling-Zellstoff und einem eleganten Creme-Ton hat dieses Papier eine griffe Struktur und starke Strapazierfähigkeit. An Zertifizierungen hat Gmund Bio Cycle sowohl das Gmund Eco Zertifikat wie auch Hanf, Baumwolle, FSC zertifizierte Frischfaser und Recycling Zellstoffe. Dieses Papier ist auch in Deutschland von Römerturm erhältlich.
Nachhaltige Zuckerrübe
Crown van Gelder bietet Papiere und Kartonagen aus Zuckerrüben an. Diese reduzieren den Umwelteinfluss um 16 Prozent, wie das Unternehmen mitteilt. Die verwendeten Zuckerrüben wachsen alle in einem Radius von 150 km um die Papiermühle herum. Die Rübenschnitzel welche nach der Verarbeitung der Zuckerrüben in der Zuckerrübenfabrik übrig bleiben werden somit zu einem neuen Produkt der Papierproduktion. Die Papiere und Kartonagen sind vollständig FDA-konform und BfR36 zugelassen.
Silphie-Pflanze nicht nur zur Energiegewinnung
OutNature, Herma und Etiket Schiller haben gemeinsam Etiketten aus der Silphie-Pflanze entwickelt. Diese wird eigentlich zur Bioenergiegewinnung angebaut. Nun können die Fasern separiert und in Kombination mit herkömmlichem Holzzellstoff ideal für die Papierherstellung eingesetzt werden. Die übrigen Pflanzenbestandteile werden in Form eines Gärsubstrats weiterhin in der Biogasanlage zur Energiegewinnung verwendet.
Für die Papierherstellung werden die Silphie-Fasern mittels eines biothermischen Verfahrens aufbereitet. Anschließend werden die einzelnen Fasern mit Holzzellstoff vermischt. Durch eine Entwässerung des Gemischs entsteht ein gleichmäßig verwobenes Vlies. Aktuell besteht das Papier aus mindestens 35 Prozent Silphie-Fasern, künftig sollen es sogar 50 Prozent werden. Wie herkömmliches Papier lassen sich auch die Etiketten aus Silphie-Papier im regulären Altpapierkreislauf recyceln.
Etiket Schiller bietet als eines der ersten Unternehmen in Deutschland Etiketten aus dem nachhaltigen Papier an. In der Struktur des Materials sind einzelne Fasern der Silphie-Pflanze erkennbar – das verleiht den Etiketten eine natürliche Optik und besondere Haptik. Die Etiketten können unbehandelt bedruckt werden oder durch zusätzliche Prägungen ein edles und zugleich natürliches Erscheinungsbild erhalten. Der Einsatz der Silphie-Etiketten ist in trockenen und nicht feuchten Umgebungen möglich.
Papiere aus Spargelabfällen
Weisser Spargel muss geschält werden. Hierbei fallen jährlich große Mengen Naturfasern zur Spargelsaison an. Laut Hochschule München wird nur die Hälfte der weltweiten Spargelproduktion als Lebensmittel verwendet. Die Hochschule München hat ein Verfahren entwickelt mit dem sich aus Spargel Fasermaterial gewinnen lässt und daraus dann Verpackungsschalen aus Spargelabfällen produzieren lassen. Wie Professorin Helga Zollner-Croll erklärt, könnten durch die rauhe Oberfläche von Beerenverpackungen eventuell sogar Vliese und Saugeinlagen verzichtbar werden.
Die Spargelfasern sind für die Herstellung von Papier geeignet, da sie ähnliche Festigkeiten wie sogenannte Sulfit-Kurzfasern haben. Im Papier sind die einzelnen Spargelfasern klar erkennbar, die leicht beige Färbung spiegelt die Natürlichkeit des Papiers wider. Die Faserausbeute ist jedoch aufgrund des sehr hohen Wassergehalts der Spargelstangen niedrig. Da der Spargel beim Mahlen schäumt, ist das Waschen der Fasern vor dem Mahlen sehr wichtig. Das reduziert die Belastung des Wasserkreislaufs und erhöht die Zugfestigkeit der Fasern. Welche Spargelsorte dafür eingesetzt wird, hat einen großen Einfluss auf das Mahlergebnis.
Popcorn als Alternative
Forscher der Uni Göttingen haben Verpackungen aus Popcorn entwickelt. Diese nachwachsenden, recyclingfähigen, umweltschonenden und biobasierten Rohstoffe werden in einem neuartigen Verfahren bearbeitet, womit sich dreidimensionale Formkörper aus Popcorngranulat herstellen lassen.
„Mit diesem neuen an die Kunststoffindustrie angelehnten Verfahren lassen sich nunmehr die verschiedensten Formteile herstellen“, erklärt der Leiter der Forschungsgruppe, Prof. Dr. Alireza Kharazipour. „Besonders für den Bereich Verpackungen lässt sich so gewährleisten, dass Produkte sicher transportiert werden. Und dies mit einem Verpackungsmaterial, das anschließend sogar biologisch abbaubar ist.“ Darüber hinaus besitzen die neuen Popcorn-Produkte wasserabweisende Eigenschaften, was ihre Einsatzmöglichkeiten noch vergrößert.”
Die Uni Göttingen hat für die Kommerzialisierung dieses Verfahren mit dem Unternehmen Nordgetreide einen Lizenzvertrag geschlossen.
Magische Pilze schützen
Als Alternative zu Polystyrenen und anderen Polymeren aus fossilen Brennstoffen hat das britische Unternehmen Magical Mushroom Company (MMC) kompostierbare Schutzverpackungen aus Myzelen (Pilzen) im Programm. Diese bestehen aus recycelten landwirtschaftlichen Abfällen wie Hanf, die dann mit Myzel, der Geflechtstruktur von Pilzen, zu einem Verbundstoff vermischt und gepresst werden. Binnen weniger Tage gehen die recycelten Abfälle eine Verbindung mit dem Myzel ein und formen so eine stabile Schutzverpackung. Nach dem Gebrauch kann die vollständig biologisch abbaubare Verpackung zusammen mit Lebensmittelabfällen entsorgt oder im heimischen Garten kompostiert werden.
Die Verpackungen sind laut Unternehmen genauso leistungsfähig wie Polystyrol und kostengünstiger als herkömmliche geschäumte Polymere.

 


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