Das Referat Verbraucherschutz und Qualitätsmanagement bei der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. (IK) bietet den Mitgliedern mit seiner Expertise und einem sehr guten Netzwerk eine Reihe von Serviceleistungen an. Wir haben mit Frau Dr. Fang Luan, Leiterin des Referats, über ihre Arbeit gesprochen und warum noch sehr viel Aufklärungsarbeit rund um den Einsatz von Kunststoff in Lebensmittelverpackungen notwendig ist.

Im Dialog mit Dr. Fang Luan, Leiterin des Referats Verbraucherschutz und Qualitätsmanagement bei der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V.
Frau Dr. Luan, welche konkreten Aufgaben fallen in Ihren Bereich?

Übergreifend alles rund um Verbraucherschutz und Qualitätsmanagement. Mein wichtigster Arbeitsbereich ist jedoch der Einsatz von Kunststoffverpackungen für den Lebensmittelkontakt. Die Kernelemente meiner Tätigkeiten umfassen darüber hinaus die Themen Pharma- und Kosmetikverpackungen sowie technische Normen für Kunststofffolien und -verpackungen. Neben all diesen Aufgabenbereichen hat das Referat Verbraucherschutz und Qualitätsmanagement mit Unterstützung von IK-Expertengremien eine Reihe von Dokumenten und Leitfäden erarbeitet, die unseren Mitgliedern eine Hilfestellung an die Hand geben, wie beispielsweise den „IK-Praxisleitfaden Kunststoffverpackungen im Direktkontakt mit Lebensmitteln“. Er ist in unserem Extranet exklusiv für unsere Mitglieder abrufbar.
Das Thema Verbraucherschutz begegnet uns im Kontext mit Verpackungen immer wieder, auch bei Lebensmittelverpackungen. Was verstehen Sie unter „Verbraucherschutz“?

Hier steht der Schutz von Produkt und Verbraucher:innen im Vordergrund. Zwei Aspekte sind sehr wichtig: Zunächst einmal sichere Verpackungen. Unsere Mitglieder arbeiten tagtäglich intensiv daran, dass Verpackungen sicher sind. Dabei geht es beispielsweise um die mögliche Migration von unerwünschten Stoffen in Füllgüter. Der zweite Aspekt betrifft die Schutzfunktion von Verpackungen für Güter wie Lebensmittel, pharmazeutische oder Kosmetikprodukte. Menschen, die sich nicht so sehr mit dem Thema beschäftigen, sind sich dieser Schutzfunktion nicht immer bewusst.

Kunststoffverpackungen erfahren wenig Wertschätzung. Zum einen wegen der Einträge in die Umwelt und zum anderen haben die Menschen Vorbehalte in puncto Sicherheit. Was antworten Sie auf mögliche Bedenken?

Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der Einsatz von Lebensmittelkontaktmaterial aus Kunststoff im Vergleich zu anderen Materialien wie Papier sehr detailliert und streng geregelt ist – sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde setzt sehr konservative Werte an. Das heißt, das Migrationslimit – also die Grenzwerte für die erlaubten Übergänge von unerwünschten Stoffen in Lebensmitteln, die von der europäischen Lebensmittelbehörde vorgegeben werden – ist sehr strikt. Dieses hat die EU-Kommission in ihre Gesetzestexte übernommen. Daher können wir definitiv sagen, dass Lebensmittelverpackungen aus Kunststoff aus wissenschaftlicher Sicht sicher sind.
Können Sie uns ein Beispiel nennen?

In der EU-Verordnung Nr. 10/2011 gibt es eine Positiv-Liste. Nur diejenigen Stoffe, die dort aufgeführt sind, dürfen für die Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff eingesetzt werden. Dort werden strenge Grenzwerte für diese Stoffe festgelegt. Cancerogene, mutagene, reproduktionstoxische (CMR) Substanzen sind für die Herstellung von Kunststoffverpackungen strengstens verboten.

Seit der Veröffentlichung der oben genannten Verordnung wurden bereits 17 Änderungsverordnungen erlassen. Dabei wurden die Vorschriften kontinuierlich verschärft. Vor kurzem wurde der Entwurf der umfangreichen 18. Änderung (sog. „Quality Amendments“) veröffentlicht, in dem noch strengere Vorschriften für Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff von der EU-Kommission vorgeschlagen wurden.
Dennoch ist die Wahrnehmung von Verbraucher:innen oftmals eine andere.

Ja, denn Verbraucher:innen werden häufig durch fehlerhafte Berichte in den Medien verunsichert. Ich bin Chemikerin und manchmal bin ich schon empört, welche komplett falschen Aussagen und Informationen Journalist:innen an die Öffentlichkeit herausgeben.

Verbraucher:innen sind sehr sensibel, insbesondere hinsichtlich hormonaktiver Substanzen (endokrine Disruptoren). Bisphenol A (BPA) beispielsweise wird in den Medien oft mit Polyolefin (PE, PP) in Verbindung gesetzt. Ein anderes Beispiel ist Weichmacher und PET: aufgrund seiner chemischen Bezeichnung Polyethylenterephthalat wird PET immer wieder mit Weichmacher (Phthalate) fehlerhaft in Verbindung gebracht. Das entspricht jedoch nicht der Wahrheit! Hier ist noch sehr viel Aufklärungsarbeit bei Journalist:innen und Verbraucher:innen gleichermaßen notwendig.

Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass in gesunden Lebensmitteln eine tausendfach höhere Menge an hormonaktiven Substanzen enthalten ist. Das gilt beispielsweise für Soja, Milch oder sogar Karotten. Sojaprodukte waren in meiner Kindheit meine Hauptproteinquelle – und ich bin trotzdem gesund groß geworden.

Sie haben bereits erwähnt, dass es sehr strenge Migrationswerte gibt. Wie unterstützen Sie Ihre Mitglieder konkret mit Serviceleistungen rund um das Thema Verbraucherschutz?

Unsere Serviceaktivitäten im Referat Verbraucherschutz und Qualitätsmanagement sind sehr umfassend. Wir bieten unseren IK-Mitgliedern verschiedene Plattformen zum Informations- und Erfahrungsaustausch in Form von Meetings und Veranstaltungen, wie beispielsweise die Lebensmittelverpackungstagung. Darüber hinaus führen wir Seminare durch und veranstalten Webinare zu aktuellen Stoffthemen. Die Webinare sind ein Angebot für Mitglieder, während die Präsenzveranstaltungen offen für alle Interessierte sind.

Außerdem stehen wir unseren Mitgliedern natürlich auch bei Fragen jederzeit zur Verfügung. Und falls wir eine Frage nicht direkt beantworten können, recherchieren wir und greifen auf unser großes Netzwerk zurück.
Wie sieht Ihr Netzwerk denn aus?

Zum einen stehen uns natürlich die Expert:innen unserer Mitglieder mit Rat und Tat zur Seite. Wir haben aber auch Ansprechpartner:innen in Prüflaboren, die uns mit ihrem Know-how unterstützen. Zudem sind wir mit anderen Verbänden eng in Kontakt, wie beispielsweise dem Europe Plastics Converter, Lebensmittelverband Deutschland oder Plastics Europe in Brüssel bzw. Plastics Europe Deutschland sowie dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller. Darüber hinaus tauschen wir uns auch mit Farben- und Klebstoffherstellern aus und sind sogar mit dem Deutschen Kosmetikverband und Cosmetics European sehr gut vernetzt. Wir sind bereits in einem großen Projekt involviert, das sich mit der Sicherheit von Kosmetikverpackungen beschäftigt. Denn für diese Verpackungen gibt es keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. Alle Mitglieder der gesamten Lieferkette haben deshalb im Rahmen des Projekts zusammengearbeitet und gemeinsam einen Leitfaden erarbeitet. Außerdem sind wir gut vernetzt mit den Untersuchungsämtern in vielen Bundesländern.

Im Bereich Verbraucherschutz herrscht eine hohe Dynamik, insbesondere beim Thema Lebensmittelkontakt. Es gibt immer neue Regularien und Vorschriften, die für Ihre Mitglieder neue Herausforderungen mit sich bringen. Ist die IK in den Regulierungs-Prozess eingebunden?

Ja, selbstverständlich. Wir sind auch mit Ministerien vernetzt, vor allem mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Außerdem pflegen wir einen direkten Kontakt mit der EU-Kommission. Wir können bei neuen Gesetzen innerhalb einer Legislaturperiode unsere Anmerkungen und Kommentare einreichen – entweder direkt oder in Kooperation mit anderen Stakeholdern oder unseren europäischen Kolleg:innen.
Frau Dr. Luan, was sind die aktuellen Top-Themen, die die IK rund um den Verbraucherschutz und das Qualitätsmanagement in den nächsten beiden Jahren beschäftigen werden?

Ganz oben auf der Agenda steht sicherlich das Thema Rezyklateinsatz in Lebensmittelverpackungen. Aber auch die umfangreichen Änderungen der Gesetzgebung seitens der EU-Kommission, die auf uns zukommen, werden uns stark beschäftigen. Denn die gesetzlichen Regularien werden künftig noch strenger und deutlich komplexer. Dazu werden und müssen wir unseren Mitgliedern Hilfestellungen an die Hand geben. Damit haben wir bereits begonnen. Darüber hinaus gewinnt das Thema „Regularien in Nicht-EU-Ländern“ aufgrund der Globalisierung zunehmend an Bedeutung. Diese drei Themen werden uns in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen.
Vielen Dank für das sehr interessante Gespräch, Frau Dr. Luan.
www.kunststoffverpackungen.de