Sidebar

Im Dialog mit Michael Wiener, CEO der DSD – Duales System

Sie haben sich die Reportage „Die Recyclinglüge“ angeschaut. Was war Ihre erste Reaktion?

Dass Kunststoffabfälle automatisch als recycelt gelten, wenn sie exportiert werden, ist falsch. Und natürlich hätte ich mir gewünscht, dass in der Reportage eins unserer beiden toppmodernen Recyclingwerke gezeigt wird, in denen Kunststoffabfälle aus dem Gelben Sack zu hochreinen Regranulaten aufbereitet werden, die dann wieder in hochwertigen Produkten bis hin zu Verpackungen eingesetzt werden. Stattdessen sieht man eine völlig veraltete Fabrik, die angeblich Bahnschwellen erzeugt.

Was die Reportage aber richtig wiedergibt: Weltweit wird viel zu wenig unternommen, um die Plastikabfallkrise zu bewältigen. Zahlen auch der Kunststoffindustrie zeigen, dass wir alle gesetzten Ziele, seien sie nun von den Unternehmen selbst gesetzt oder von der Europäischen Union, verfehlen werden. Produktion und Verbrauch von Kunststoff nehmen weiter massiv zu – von einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoff sind wir aber weit entfernt.
Verbände wie die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen kritisieren in erster Linie die Conclusio, dass Recycling nicht funktioniert und nur der Verzicht auf Plastik die Lösung bringe. Was ist Ihre Meinung?

Die Abfallhierarchie der Europäischen Union, bei der Vermeidung an erster Stelle steht, macht Sinn, wird aber bisher nicht ausreichend umgesetzt. Natürlich müssen wir verantwortungsvoll mit der Ressource Kunststoff umgehen –verzichten können wir nicht darauf. Wir müssen die Nutzung der schlechten, nicht verwertungsfähigen Kunststoffe auf ein absolutes Minimum beschränken. Es ist wie beim Klimawandel: Wir wissen genau, woran es hakt und was wir tun müssen, aber es fehlt der politische Wille zur Umsetzung. Wir wissen auch, wie Recycling funktioniert, aber es fehlt der Wille, es im wirklich großen Maßstab anzuwenden.
Der Film deckt auch viele Missstände auf, wie die verbotenen Exporte in Entwicklungsländer, in denen es keine Aufbereitungslösungen gibt. Woran muss die Industrie und die Politik arbeiten, damit das besser wird?

Die Politik setzt die Rahmenbedingungen und das tut sie oft über Verbote. Die können bei diesen Themen sinnvoll sein, aber es muss grenzüberschreitenden Handel geben, weil die Kreislaufwirtschaft nur in internationaler Zusammenarbeit funktioniert. Es muss aber sichergestellt werden, dass die Verwertung funktioniert, und zwar nach den Maßstäben von Deutschland und der EU. Die Industrie ist gut beraten, sich für vorbildliche Lösungen zu engagieren, sonst reagiert die Politik mit harten Regulierungen. Der weltweit praktizierte Umgang mit Einwegplastikprodukten ist dafür ein gutes Beispiel.
Es wird der Verzicht auf Plastik gefordert. Ist das für Sie wirklich die Lösung? Glauben Sie, dass die Bürger ihr Konsumverhalten ändern?

Das ist keine Frage, die Verbraucherinnen und Verbraucher lösen können. Es liegt in der Verantwortung der Wirtschaft, nachhaltige Lösungen zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Das bedeutet für den Kunststoff, dass er vollständig zirkulär werden muss, und zwar schnell!
Viele Verbraucher sind durch die Reportage verunsichert, sehen sich in ihren Vorurteilen bestärkt und boykottieren die Sammelsysteme. Sie bleiben ratlos zurück. Was können Sie diesen Bürgern sagen?

Mülltrennung wirkt und ist unverzichtbar für eine nachhaltige Wirtschaftsweise. In Deutschland gilt seit 2005 ein Deponierungsverbot für Abfälle ohne Vorbehandlung. Kunststoffe, die nicht getrennt erfasst werden, landen in der Müllverbrennung und sind für das Recycling, ob nun werkstofflich oder chemisch, verloren. Aber Vorsicht vor vermeintlich einfachen Lösungen. Umfragen zufolge glauben VerbraucherInnen, dass sog. biologisch abbaubare Verpackungen die nachhaltigste Lösung sind, obwohl das nachweislich falsch ist.

Welche Wünsche haben Sie an die Kunststoffbranche?

Auch hier gilt: Vorsicht vor einfachen Lösungen. Damit Kreislaufwirtschaft funktioniert, müssen wir die gesamte Wertschöpfungskette an einen Tisch bringen, das Produktdesign überdenken und schließlich auch die Herstellungsprozesse anpassen, damit statt neuem Kunststoff Rezyklate verwendet werden können. Das macht Aufwand – sowohl beim Gehirnschmalz als auch beim Geld. Aber es lohnt sich!

Was wünschen Sie sich von der Politik in Deutschland und der EU?

Die richtigen Rahmenbedingungen: Die Politik muss die richtigen Ziele setzen, zum Beispiel in Form von produktbezogenen Rezklateinsatzquoten, und sie muss dafür sorgen, dass sie auch eingehalten werden. Der Wirtschaft muss sie den Handlungsspielraum lassen, um zu entscheiden, welches der beste Weg ist, die Ziele zu erreichen.
Vielen Dank Herr Wiener für das interessante Gespräch!

www.kunststoffverpackungen.de

 


Meet Our Sponsors

Latest Sponsor News

Articles Most Read

Latest News

Statistics

Anzahl Beitragshäufigkeit
1526970

Who's Online

Aktuell sind 32 Gäste und keine Mitglieder online