Internationales Forschungsteam mit Göttinger Beteiligung untersucht 8.000 Pflanzengattungen
Eine internationale Studie mit Göttinger Beteiligung hat die Evolution der Blütenpflanzen, sogenannte Bedecktsamer oder Angiospermen, mit Hilfe verbesserter Sequenziermethoden in bisher nicht erreichter Tiefe untersucht. Die Forschenden haben herausgefunden, dass sich die Blütenpflanzen zu einem frühen Zeitpunkt explosionsartig in einer enormen Vielfalt entwickelt haben. Schon in der frühen Kreidezeit vor 130 Millionen Jahren waren mehr als 80 Prozent der heute existierenden Ordnungen der Angiospermen vorhanden. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Nature erschienen.
Für die Untersuchung arbeiteten 279 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 27 Ländern zusammen. Sie entnahmen Proben von etwa 8.000 Pflanzengattungen, was etwa 60 Prozent der weltweit vorkommenden Gattungen entspricht. Im Datensatz befinden sich auch jahrhundertealte Herbarblätter, darunter auch Pflanzenarten, die seit langem als ausgestorben gelten. Mittels einer verbesserten Technologie für DNA-Sequenzierung, entschlüsselten die Forschenden von jeder dieser Pflanzen 353 Gene aus dem Kerngenom. Der Stammbaum der Pflanzen wurde mit über 200 Fossilien „kalibriert“, das heißt für alle Verzweigungen im Stammbaum wurde ein Alter berechnet.
Dr. Marc Appelhans, Kurator des Herbariums der Universität Göttingen, war als Spezialist für die Zitrusgewächse Teil des Projektes. „Die sich ständig weiterentwickelnden Sequenziertechniken funktionieren sehr gut mit altem Pflanzenmaterial, wie wir es aus Herbarsammlungen kennen“, sagt er. Nach Ansicht von Appelhans belegt die Studie eindrucksvoll, wie wichtig Herbarien für die Forschung sind. „In Herbarien ist die genetische Information von Pflanzen enthalten, die über einen Zeitraum von mehreren Jahrhunderten über die ganze Welt verstreut gesammelt wurden“, sagt er. Das Göttinger Herbarium mit geschätzt 800.000 konservierten Pflanzen gilt als eines der größten Deutschlands. Die ältesten Schätze dieser Sammlung sind mehr als 300 Jahre alt.
„Die Studie untermauert eine Beobachtung, die Charles Darwin bereits 1879 notierte“, so Appelhans. Dem Naturforscher war in seinem Studium von Pflanzenfossilien aufgefallen, dass die Blütenpflanzen innerhalb geologisch kürzester Zeit weltweit dominant wurden.
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